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Eine knappe Mehrheit der JSSK stimmt der Teilrevision des Polizeigesetzes für ein Kantonales Bedrohungsmanagement mit Änderungen zu



Die Justiz-, Sicherheits- und Sportkommission (JSSK) des Grossen Rates unterstützt mehrheitlich die Zielsetzung des Regierungsrates, eine explizite gesetzliche Grundlage für das Kantonale Bedrohungsmanagement, als neues präventives Instrument zur Verhinderung zielgerichteter schwerer Gewalt, zu schaffen. Sie heisst hierfür wiederkehrende Kosten von 1,6 Millionen Franken gut. Die Kommission beantragt gegenüber dem regierungsrätlichen Vorschlag aber Anpassungen. So spricht sie sich für eine Entflechtung von Melde- und Auskunftsrecht aus, verkürzt die Löschungsfrist für Daten und bringt Präzisierungen insbesondere zu datenschutzrechtlichen Grundsätzen an. Die neuen polizeilichen Schutzmassnahmen gegen Fremd-Stalking begrüsst die Kommission einstimmig.

Mit der Einführung eines kantonalen Bedrohungsmanagements (KBM) erhält die Kantonspolizei den Auftrag, eine entsprechende Fachstelle zu betreiben und mit Amts- und Behördenmitgliedern, Fachpersonen aus Sozial- und Gesundheitswesen, Bildungsinstitutionen, Mitarbeitenden von Beratungs- und Opferhilfestellen etc. Informationen auszutauschen. Ziel des KBM ist es, mit gefährdenden und gefährdeten Personen in Kontakt zu kommen – in einem Bereich, der noch keine strafrechtliche Relevanz aufweist.

Eine knappe Mehrheit der JSSK befürwortet die Teilrevision des Polizeigesetzes zur Einführung des KBM und stimmt mit 7 gegen 5 Stimmen bei einer Enthaltung einer präzisen gesetzlichen Grundlage mit Blick auf Bestimmtheitsgebot und Datenschutz zu. Aus der Kommission wurden aber auch deutliche Bedenken geäussert, weil sich das Bedrohungsmanagement im sensiblen präventiven Bereich bewegt, also dort, wo erst eine mögliche Gefährdung, aber explizit noch keine Straftat vorliegt. Der Kritik, mit zusätzlichen polizeilichen Instrumenten im Präventionsbereich den polizeilichen Grundauftrag zu stark auszuweiten, stand die Haltung gegenüber, dass das Ziel der Vorlage, schwere Straftaten zu verhindern und potentielle Opfer zu schützen, ohne das nötige Vertrauen in Polizei, Behörden und Institutionen nicht erreicht werden könne. In Abwägung zugunsten der potentiellen Opfer könne eine Einschränkung der Rechte der potentiellen Täterschaft deshalb nötig werden. In diesem Spannungsfeld nahm die Kommission gegenüber der regierungsrätlichen Vorlage einige Änderungen vor:

Melderecht

Die JSSK will Melde- und Auskunftsrecht entflechten.

Anstelle einer Aufzählung von Personen und Stellen, die der KBM-Fachstelle eine potenziell gefährliche Person melden dürfen, schlägt die JSSK eine generellere Formulierung vor.

Die JSSK will zudem jene Berufsgruppen festschreiben (Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, Notarinnen und Notare etc.), die aufgrund ihrer besonderen Vertrauensstellung als Interessensvertreterinnen und Interessensvertreter eine Meldung nur gemäss allgemeinen Grundsätzen, somit in der Regel nur aufgrund einer vorgängigen Befreiung von der beruflichen Schweigepflicht, machen dürfen.

Schliesslich will die JSSK mit Blick auf Effizienz und Ressourcen der KBM-Fachstelle, und um Befürchtungen eines Denunziantentums Rechnung zu tragen, ausdrücklich festschreiben, dass ausschliesslich geschulte Ansprechpersonen des Kantons und von Partnerinstitutionen zur direkten Meldung an das KBM befugt sind. Alle anderen müssen sich an eine Polizeistelle, die Notrufzentrale 117 oder bspw. an die Anlaufstelle Radikalisierung wenden.

Datenbearbeitung, Datenaustausch und Auskunftsrecht

Mit der Erhebung und Verknüpfung der Daten der potentiellen Täterschaft in einer Datenbank soll eine interdisziplinäre Einschätzung konkreter Fälle und Unterstützung von Gefährdenden und Gefährdeten ermöglicht werden.

Für die JSSK muss die Bearbeitung von Personendaten jedoch auf das zwingend Notwendige beschränkt bleiben. Sie präzisiert deshalb mit einer Ergänzung, dass die KBM-Fachstelle besondere Personendaten nur bearbeiten darf, wenn und soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgabe zwingend notwendig ist. Die JSSK trägt damit den Anforderungen einer mittelbaren gesetzlichen Grundlage bei der Bekanntgabe von besonderen Personendaten gemäss dem Informations- und Datenschutzgesetz Rechnung.

Eigentliches Pièce de Résistance der Vorlage bildete in der JSSK das Einholen von Auskünften im sozialen Umfeld der gefährdenden Person ohne deren Wissen und Einverständnis. Verschiedene Argumente wie Verletzung der Grundprinzipien der Rechtstaatlichkeit und Unschuldsvermutung versus substantieller Kern des Gesetzes für eine wirkungsvolle Umsetzung des KBM wurden gegeneinander abgewogen. Mit dem Versuch eines Kompromisses beantragt die JSSK (10 zu 3 Stimmen) die Ergänzung der Bestimmung um die Einschränkung, wonach die KBM-Fachstelle Auskünfte im sozialen Umfeld der gefährdenden Person nur einholen darf, wenn und soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgabe zwingend notwendig ist.

Um Bedenken Rechnung zu tragen, wonach eine Anfrage des KBM im sozialen Umfeld als Pflicht zur Auskunft verstanden werden könnte, schreibt die JSSK zudem fest, dass ein expliziter Hinweis auf die Freiwilligkeit der Auskunftserteilung sowie die datenschutzrechtlichen Bestimmungen erfolgen muss.

Löschung von Daten

Eine Aufbewahrungsfrist von zehn Jahren im sensiblen Bereich der Prävention wird als zu lange erachtet, weshalb die JSSK die Verkürzung der Löschungsfrist von zehn auf acht Jahre beantragt.

Zusätzlich präzisiert die JSSK, dass die Löschung von Daten in jedem Fall nach drei Jahren zu erfolgen hat und eine längere Aufbewahrung ausgeschlossen ist, wenn die für das Bedrohungsmanagement zuständige Stelle feststellt, dass von der gemeldeten Person keine Gefahr ausgeht.

Berichterstattung des Regierungsrates

In der JSSK wurde die Einsetzung eines Kontrollorgans diskutiert. Schliesslich einigte sich die Kommission mehrheitlich darauf, den Regierungsrat zu verpflichten, innert drei Jahren einen Bericht zur Umsetzung und Wirksamkeit des neuen Bedrohungsmanagements vorzulegen.

Zwei Rückkommensanträge bezüglich einem datenschutzmässig weitergehenden Rechtsschutz und der Schaffung einer zusätzlichen Aufsicht über das KBM fanden keine Mehrheit.

Massnahmen gegen Stalking

Die JSSK begrüsst die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für polizeiliche Schutzmassnahmen gegen Stalking ausserhalb des persönlichen Nahbereichs. Neu soll die Polizei auch in Fällen von Fremd-Stalking, d.h. unabhängig der Beziehung zwischen den beteiligten Personen, Rayon- und Kontaktverbote verfügen können. Letzteres ermöglicht unter anderem den Schutz vor Belästigungen mit elektronischen Kommunikationsmitteln.

 

Weitere Auskünfte:                                                

Danielle Kaufmann, Kommissionspräsidentin JSSK

Mobile: +41 79 381 20 72, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.

 

Dr. Jeremy Stephenson, Mitglied JSSK und Kommissionssprecher

Mobile:  076 425 85 16, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.

 

Bericht

Bericht der Justiz-, Sicherheits- und Sportkommission zum Ratschlag Kantonales Bedrohungsmanagement – Teilrevision des Polizeigesetzes