«Gewiss ein schöner Anfang»: Vor 50 Jahren traten erstmals Frauen zu den Grossratswahlen an – 14 wurden gewählt

Am 17. März 1968 konnten die Baslerinnen und Basler erstmals Frauen in den Grossen Rat wählen. 165 Frauen wagten eine Kandidatur, 14 wurden gewählt. Vom zwei Jahre zuvor eingeführten Frauenstimmrecht profitierten die Parteien unterschiedlich.

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Frau wählt © Staatsarchiv BS 

 

«Erste Basler Grossrätin gewählt», titeln die Zeitungen am Dienstag nach den Wahlen. Am raschesten hat der Wahlkreis Riehen die Stimmen ausgezählt – als erste Grossrätin darf sich deshalb die LdU-Vertreterin Helen Hauri feiern lassen. Die Stadt Basel kann ihre neuen Parlamentarierinnen erst am Mittwoch vermelden.

Das Wahlbüro war gefordert. Denn mit der Einführung des Frauenstimmrechts ist es zu mehr als einer Verdoppelung der Stimmberechtigten (von 66'851 auf 151'102) gekommen. Andererseits ist die Stimmbeteiligung mit 47% bescheiden. Obwohl sich Basel-Stadt einer Vorreiterrolle in der Deutschschweiz rühmen darf: Es sind die ersten kantonalen Wahlen mit Frauenbeteiligung.

Von den gewählten Frauen gehören je vier der LDP und dem Landesring an. Die SP bringt drei Frauen ins Parlament, PdA, CVP und EVP (damals VEW) je eine. Von den grossen Parteien verbleiben einzig die Radikalen (FDP) im Grossen Rat ohne weibliche Vertreterin.

Qualität statt Quantität...

14 sei noch keine repräsentative Vertretung des weiblichen Geschlechts, aber «gewiss ein schöner Anfang», kommentieren die «Basler Nachrichten». Und wenn man die Namen der gewählten Frauen durchgehe, «gewinnt man den Eindruck, die quantitativ eher bescheidene Vertretung sei dafür qualitativ grösstenteils gut bis sehr gut».

Unter den Gewählten finden sich zwei Rektorinnen: Dr. Gertrud Spiess (CVP), 1959-1966 Konrektorin des Mädchengymnasiums, und Dr. Helen Hauri, Rektorin der Basler Mädchenrealschule. Die Liberalen schicken mit Marie-Agnes Massini, Marianne Mall und Uarda Frutiger gleich drei Ärztinnen. Unter den Neuen findet sich ausserdem Gertrud Walter (LdU), besser bekannt als Trudi Gerster.

Frauen wählen eher bürgerlich und konfessionell

Die Zeitungen stellen fest, dass die Frauen der bürgerlichen und konfessionellen Parteien von ihrem Wahlrecht eifriger Gebrauch machten als die Frauen in Arbeiterkreisen und damit der Linksparteien. Mit den meisten Frauen, nämlich 33, ist der Wahlsieger Landesring angetreten. Seinen Erfolg führt er auch auf die Gunst der erstmals wahlberechtigten Konsumentinnen zurück. Bissig kommentieren die Basler Nachrichten, dass der Landesring «hemmungslos die Migros als populäre Wahlhelferin einspannte».

Alle Parteien hatten im Rennen um die damals noch 130 Sitze Frauen auf ihren Listen. Insgesamt beträgt ihr Anteil bei 820 Kandidierenden 20% – gewählt werden knapp 11%.

«Frischzellenkur» auch wegen Amtszeitbeschränkung

Der Einzug der Frauen sorgt nicht als einziges für frischen Wind im Parlament. Zur Erneuerungswelle führt auch die erstmalige Amtszeitbeschränkung für Grossräte; annähernd die Hälfte konnte nicht mehr kandidieren. Die Amtszeitbeschränkung war durch eine Volksinitiative erzwungen worden.

Mehr: Die 14 ersten Grossrätinnen mit Namen und Bild (Basler Nachrichten, 25.3.68; Staatsarchiv BS) I Frauenanteile im Grossen Rat 1968 bis heute

Eva Gschwind / Parlamentsdienst. Quellen: Kantonsblatt vom 2.3.1968; Statistisches Amt Basel-Stadt: Frauenanteile bei Kandidaturen; Zeitungen 17.-25.3.1968. Bild: Staatsarchiv Basel-Stadt, BSL 1013 1-3028-3 (Hans Bertolf; Frauenstimmrecht-Abstimmung 24.6.1966) 

Link zum Beitrag des Regionaljournal Basel vom 15.3.2018 und dem Dok-Film "Frau Grossrätin" des Schweizer Fernsehens von 1971 (50 Minuten)